Wenn das Haustier zum Social-Media-Star wird
Petfluencer – so nennt man Haustiere, die in sozialen Medien wie Instagram, YouTube oder TikTok berühmt sind und als Werbeträger für Produkte dienen. Was nach harmlosem Spaß mit der eigenen Katze oder dem Hund klingt, kann steuerrechtlich ernsthafte Konsequenzen haben. Sobald mit den tierischen Posts Einnahmen oder geldwerte Vorteile erzielt werden, wird aus dem Hobby ein steuerlich relevantes Gewerbe. Wer diese Einnahmen verschweigt, riskiert eine Anzeige wegen Steuerhinterziehung. In diesem Beitrag beleuchten wir die rechtliche Einordnung von Tieren, die Zurechnung der Petfluencer-Einkünfte an die Halter, die Steuerpflichten (Einkommensteuer und Umsatzsteuer) und die steuerstrafrechtlichen Folgen bei Verstößen. Auch spezielle Fragen – etwa was beim Tod des tierischen Stars steuerlich passiert und was es mit dem wirtschaftlichen Eigentum auf sich hat – werden verständlich erläutert.
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Rechtlicher Status von Tieren: Tiere als “Sachen” im Recht
Juristisch gelten Tiere nicht als Personen, sondern – vereinfacht gesagt – als Sachen. Nach § 90a BGB sind Tiere zwar “keine Sachen”, werden aber durch besondere Gesetze geschützt und grundsätzlich wie Sachen behandelt, sofern kein spezielles Gesetz etwas anderes vorschreibt. Praktisch bedeutet das: Ein Tier kann nicht selbst Träger von Rechten oder Pflichten sein. Tiere sind zivilrechtlich nicht rechtsfähig, können keine Verträge abschließen und auch keine Steuern schulden. Der prominente Hund oder die Instagram-Katze mag tausende Follower haben – rechtlich kann das Tier aber weder Eigentum an Geld erwerben noch selbständig vor Gericht auftreten. § 90a BGB ordnet Tiere damit dem Eigentümer (Halter) zu, der für sie handelt.
Für das Steuerrecht hat diese Einordnung klare Folgen: Einkünfte, die mit einem Tier erzielt werden, können steuerlich nur einem Menschen zugerechnet werden. Das Tier als solches kann kein Steuersubjekt sein. Somit rückt der Halter bzw. die Halterin des Tieres in den Fokus der Besteuerung.
Einkünfte aus Petfluencing: Zurechnung an den Halter und Steuerpflicht
Wenn ein Haustier zum Petfluencer wird und etwa durch Produktplatzierungen, Werbeverträge oder Sponsorings Geld einspielt, werden diese Einkünfte dem Tierhalter zugerechnet und bei ihm besteuert. Steuerrechtlich betrachtet übt also der Mensch (Halter) eine gewerbliche Tätigkeit aus – das Vorführen des Tieres zu Werbezwecken. Die Einkünfte hieraus gelten in der Regel als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da der Halter nachhaltig und mit Gewinnabsicht am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. Es handelt sich nicht um Liebhaberei oder eine freiberufliche künstlerische Tätigkeit, sondern um ein kommerzielles Influencer-Business.
Einkommensteuer: Alle Gewinne aus dem Petfluencer-Gewerbe unterliegen der Einkommensteuer, soweit sie zusammen mit anderen Einkünften den Grundfreibetrag übersteigen. Dabei ist unerheblich, ob die Einnahmen in Geld oder in Sachleistungen zufließen. Auch kostenlose Produkte, Geschenke oder Dienstleistungen, die der Petfluencer für Werbezwecke erhält, zählen steuerlich als Einnahmen. Zum Beispiel: Bekommt der Halter vom Tierfutter-Hersteller gratis Futter oder Zubehör als Gegenleistung für einen Post, muss der Warenwert als Betriebseinnahme erfasst werden. Werden solche Vorteile nicht angegeben, liegt bereits eine Verkürzung von Einnahmen vor.
Umsatzsteuer: Zusätzlich kann Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) anfallen. Der Petfluencer-Halter agiert wie ein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne, da er Leistungen (Werbung) erbringt. Überschreiten die Jahresumsätze die Kleinunternehmergrenze (derzeit 22.000 € im Vorjahr in Deutschland), muss der Halter 19 % Umsatzsteuer auf seine Einnahmen erheben und an das Finanzamt abführen. Wichtig: Zum Umsatz zählen auch Sachleistungen – etwa gesponserte Reisen, Hotelübernachtungen oder Produkte – die der Petfluencer erhält. Diese sind mit ihrem Marktwert in die Umsatzsteuer-Berechnung einzubeziehen. Nur wenn der Petfluencer unter der Kleinunternehmergrenze bleibt, kann er von der Umsatzsteuerpflicht verschont bleiben. Andernfalls gilt der Regelsteuersatz von 19%; der ermäßigte Steuersatz von 7% (etwa für landwirtschaftliche Tierzucht) greift hier nicht, da es sich um Werbeleistungen und keine Viehzucht handelt.
Zur Gewerbesteuer: Petfluencer-Einkünfte sind gewerblich, daher könnte ab einem Gewinn von über 24.500 € im Jahr auch Gewerbesteuer anfallen. In vielen Fällen bleibt diese aufgrund des Freibetrags oder weil Einzelunternehmer oft unter der Schwelle bleiben, praktisch jedoch nachrangig. Dennoch zeigt sich: Die Finanzverwaltung betrachtet Petfluencer wie jeden anderen selbständigen Unternehmer – mit allen steuerlichen Pflichten.
Wirtschaftliches Eigentum: Wer steht steuerlich für das Tier ein?
Entscheidend für die steuerliche Zurechnung ist das Konzept des wirtschaftlichen Eigentums. Es besagt: Nicht allein die zivilrechtliche Eigentümerstellung ist maßgeblich, sondern wer die tatsächliche Herrschaft und wirtschaftliche Verfügungsmacht über ein Wirtschaftsgut ausübt. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO regelt, dass ein Wirtschaftsgut (hier: das Tier als Werbeträger) demjenigen zuzurechnen ist, der die Sache so nutzt und kontrolliert, dass der eigentliche Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer ausgeschlossen ist. Praktisch heißt das: Derjenige, der das Tier für die Einnahmenerzielung einsetzt und darüber verfügt, wird steuerlich als wirtschaftlicher “Eigentümer” behandelt.
Beispiel: Gehört das Haustier eigentlich dem Partner oder einem Familienmitglied, aber eine bestimmte Person betreibt damit das Petfluencing und erzielt alle Einnahmen, dann wird diese Person als wirtschaftlicher Eigentümer betrachtet – sie muss die Einkünfte versteuern. Man kann also die Steuerpflicht nicht dadurch umgehen, dass man formal das Tier jemand anderem zuordnet. Die Finanzbehörden schauen auf die wirtschaftliche Realität: Wer den Nutzen aus dem “Influencer-Tier” zieht, der ist für die Steuern verantwortlich. Verträge, in denen z.B. das Tier als vermeintlicher Vertragspartner oder “Künstler” auftreten soll, helfen nicht – mangels Rechtsfähigkeit des Tieres und nach den Grundsätzen des wirtschaftlichen Eigentums wird immer ein menschlicher Steuerpflichtiger dahinterstehen.
Steuerhinterziehung nach § 370 AO: Gefahren bei Nichtangabe der Einnahmen
Wer die steuerlichen Pflichten im Petfluencing missachtet – sei es aus Unwissenheit oder vorsätzlich – begibt sich in gefährliches Fahrwasser des Steuerstrafrechts. Steuerhinterziehung nach § 370 Abgabenordnung (AO) liegt vor, wenn jemand gegenüber dem Finanzamt steuerlich erhebliche Tatsachen falsch angibt oder verschweigt, um Steuern zu verkürzen. Überträgt man das auf Petfluencer, sind typische Risiken zum Beispiel:
- Nichtangabe von Werbeeinnahmen: Der Halter erhält Zahlungen für Posts mit seinem Tier (oder kostenlose Produkte, die er danach privat nutzen darf) und deklariert diese nicht in der Steuererklärung. Bereits das Unterlassen der Angabe solcher Einkünfte erfüllt den Tatbestand, wenn dadurch Steuern verkürzt werden.
- Umsatzsteuer-Verkürzung: Trotz Überschreiten der Kleinunternehmergrenze wird keine Umsatzsteuer abgeführt, oder es werden bewusst einige Einnahmen “schwarz” vereinnahmt, um unter der Grenze zu bleiben.
- Scheinausreden: Mitunter könnten Petfluencer versuchen zu argumentieren, die Einkünfte seien dem Tier zuzurechnen (was rechtlich unmöglich ist) oder es handle sich um Geschenke ohne Gegenleistung. Solche Argumente tragen nicht, wenn objektiv eine Werbeleistung vorliegt. Das Finanzamt wertet die Gesamtumstände – regelmäßige Posts mit Produktplatzierungen deuten klar auf ein steuerpflichtiges Geschäft hin.
Die Konsequenzen einer entdeckten Steuerhinterziehung sind drastisch. § 370 AO sieht Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren vor; in besonders schweren Fällen (etwa gewerbsmäßige oder große Ausmaße) drohen sogar bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe. Bereits hohe Geldstrafen können die Folge sein, bemessen nach der Hinterziehungssumme. Zusätzlich werden natürlich die hinterzogenen Steuern nachgefordert, meist zuzüglich Zinsen und ggf. Säumniszuschlägen. Ein eingeleitetes Steuerstrafverfahren bedeutet oft auch Durchsuchungen, Einsicht in Konten und intensive Ermittlungen, was für die Betroffenen äußerst belastend ist.
Aktuelle Entwicklungen: Die Steuerbehörden haben Influencer – und damit auch Petfluencer – inzwischen im Visier. Jüngst wurde bekannt, dass in Nordrhein-Westfalen eine Spezialermittlungsgruppe umfangreich Social-Media-Stars auf Steuerverstöße prüft. Allein in NRW wird ein Steuerschaden von rund 300 Millionen Euro durch unversteuerte Influencer-Einkünfte vermutet. Den Betroffenen drohen erhebliche Strafen bis hin zu Haft. Die Finanzverwaltung wertet auch öffentliche Daten aus sozialen Netzwerken aus, um festzustellen, wer Einnahmen erzielt haben könnte. Mit anderen Worten: Auch wer “nur” sein Haustier auf Instagram vermarktet, kann auffallen, wenn z.B. offensichtliche Werbung zu sehen ist, aber keine entsprechenden Steuererklärungen vorliegen.
Fazit: Harmloser Tier-Content mit potenziell harten Folgen
Die süßen Tierfotos und witzigen Videos mögen unschuldig wirken – doch sobald daraus ein Einkommensstrom wird, gelten dieselben Regeln wie für jedes andere Gewerbe. Petfluencer-Halter sind Unternehmer im Steuerrecht und müssen ihre Einnahmen ordnungsgemäß versteuern (Einkommensteuer, ggf. Gewerbesteuer und Umsatzsteuer). Versäumnisse können schnell den Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) erfüllen, was zu erheblichen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen führen kanne. Damit können scheinbar harmlose Social-Media-Aktivitäten mit Tieren bei Nichtbeachtung der Pflichten äußerst teuer werden – finanziell und strafrechtlich.
Praktischer Rat: Wer mit seinem Tier online Geld verdient, sollte frühzeitig für steuerliche Compliance sorgen. Dazu zählt, alle Einnahmen (auch in Form von Sachleistungen) vollständig zu erfassen und dem Finanzamt offenzulegen. Es empfiehlt sich, ein Gewerbe anzumelden, Bücher zu führen und gegebenenfalls einen Steuerberater hinzuzuziehen. Falls man in der Vergangenheit Einkünfte nicht deklariert hat, kann eine Selbstanzeige nach § 371 AO unter Umständen Straffreiheit ermöglichen – allerdings nur, wenn sie rechtzeitig und vollständig erfolgt. Die zentrale Botschaft lautet: Tierische Internet-Stars sind kein rechtsfreier Raum. Wer die Popularität seines Lieblings für Werbung nutzt, muss die gleichen steuerlichen Spielregeln einhalten wie alle anderen Unternehmer auch. Andernfalls wird aus dem liebgewonnenen Hobby schnell ein Fall für die Steuerfahndung, was es unbedingt zu vermeiden gilt.
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